DAS FRANZÖSISCHE SORGERECHT
Von Maître Margot FELGENTRÄGER – 16/10/2018
Rechtsartikel – Familienrecht, Einzelpersonen und ihr Vermögen
Wenn man das Recht in einer anderen Sprache darzustellen versucht, ist dies nicht einfach. Hier kann nicht einfach der Begriff übersetzt werden, sondern es ist notwendig, das Konzept zu erklären. So kommt es, dass man die französische „autorité parentale“ nicht so einfach mit Sorgerecht übersetzen kann, da das Konzept im Vergleich zu dem deutschen Recht anders ist. Das französische Recht kannte bis in die Neunzigerjahre, ebenfalls das dem deutschen Recht noch heute bekannte Konzept des Sorgerechts, was man damals „droit de garde“ nannte. Dieser Begriff wird übrigens noch in einigen internationalen Übereinkommen, wie dem Haager Übereinkommen von 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte der internationalen Kindesentführung, verwendet. Die Brüssel-II-A-Verordnung dagegen spricht von der „responsabilité parentale“.
Anders als im deutschen Recht, wird im französischen Recht die autorité parentale von Eltern, die nicht miteinander verheiratet sind, gemeinsamen ausgeübt, wenn beide Elternteile das Kind in seinem ersten Lebensjahr anerkannt haben. Ein Zusammenleben der Eltern während dieser Zeit ist hier nicht erforderlich. Ansonsten ist eine spätere Anerkennung durch gemeinsamen Antrag oder im Streitfall durch richterliche Verfügung möglich.
Französisches Recht ist hier ebenfalls anwendbar auf Kinder von nichtfranzösischen Eltern, die in Frankreich geboren und von beiden Eltern im ersten Lebensjahr anerkannt worden sind, da laut dem Haager Übereinkommen über das auf das Sorgerecht anzuwendende Recht von 1996 der Anknüpfungspunkt der Wohnsitz ist.
In Frankreich müssen die meisten Eltern, gleich ob sie französische Staatsbürger sind oder nicht, zusammen oder getrennt leben, mit der Co-Parentalität Vorliebe nehmen, was einer, der die Situation nicht kennt, sicherlich als sehr fortschrittlich empfindet, jedoch in der Praxis nicht immer einfach durchführbar ist, wenn sich die Eltern nicht verstehen. Denn auch nach der Trennung der Eltern, bleibt es bei der gemeinsamen elterlichen Gewalt.
Die autorité parentale definiert Artikel 371-1 code civil. Sie besteht aus einer Gesamtheit von Rechten und Pflichten im Dienste des Kindeswohls, Vater und Mutter bis zur Volljährigkeit oder Emanzipation des Kindes zu dem Schutze seiner Sicherheit, Gesundheit und Moralität und zur Gewährleistung seiner Erziehung und seiner Entwicklung in dem ihm gebührenden Respekt innewohnt.
Gegenüber Dritten, die guten Glaubens sind, wird vermutet, dass ein Elternteil, im Einverständnis mit dem anderen Elternteil handelt, wenn er eine gewöhnliche Handlung der autorité parentale betreffend die Person des Kindes alleine ausführt. So kann beispielsweise ein Elternteil, das Kind ohne Zustimmung des anderen Elternteils in seinen Pass eintragen lassen oder eine kleine Operation an dem Kind vornehmen lassen, es in eine nicht konventionelle Schule einschulen oder einen Kinderausweis ausstellen lassen.
Solange sich die Eltern verstehen, gibt es bei der Ausübung der elterlichen Gewalt im Prinzip keine Schwierigkeiten. Diese entstehen, wenn sich die Eltern trennen und insbesondere, wenn ein Elternteil mit dem Kind in einen anderen Staat umziehen will und somit das Einverständnis des anderen Elternteils benötigt. Über dieses Thema sprechen wir in dem Aufsatz : internationaler Umzug im französischen Familienrecht.